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Aktuelle Meldungen der WBS SCHULEN.

Persönliche Worte eines Lehrers an seine Lernenden.


Liebe Lernenden, wie geht es Ihnen?

Ich kann mir vorstellen, dass die Ausbildung für jeden Einzelnen in gewisser Weise eine Form der Herausforderung darstellt. Oft kamen Fragen wie: „Schaffe ich das überhaupt sowohl beruflich als auch privat? Wie soll ich das alles schaffen?

Plötzliche familiäre Veränderungen stellen sich ein, die eine umgehende Reaktion erfordern. Begegnungen gehen zu Ende, manchmal unüberlegt, neue Begegnungen entwickeln sich, gemeinsame Werte und Erfahrungen entstehen. Aus einem Kopfgefühl wird ein Herzgefühl, aus einem Herzgefühl wird ein Bauchgefühl. Entscheidungen werden getroffen, die sich nicht immer erklären lassen, die jedoch einen Ausdruck tiefer Verbundenheit offenbaren oder sogar vom ursprünglichen Weg abweichen. Mitunter hat der eine oder andere einen Seelenverwandten gefunden, wer weiß.

Dennoch zeigen diese Momente, dass Sie darüber nachdenken. Sie entwickeln neue Strategien, um sich den Situationen zu stellen.

Diese Woche war ich unterwegs innerhalb der praktischen Abschlussprüfungen. Ich durfte erleben, welche Herausforderungen die Prüflinge bewältigten und wie sie mit komplexen Situationen umgingen.

Zudem hatte ich die Gelegenheit – mit Zustimmung aller Beteiligten – einen Bewohner zu validieren. Der zu Pflegende war einst mein Mathelehrer und zu seiner Zeit sehr stringent. Nun war, aufgrund der Diagnose Demenz, vollends auf Unterstützung in allen Lebenslagen angewiesen. Nach Naomi Feil* befindet er sich in Stadium 4. Da mein Vater auch Lehrer war, kannten der zu Pflegende und er sich aus ihrer gemeinsamen beruflichen Tätigkeit. Der Bewohner hat keine Angehörigen, spricht nicht mehr, ist bettlägerig und schaut permanent suchend im Raum umher. Ich stellte mich ihm vor und erwartete keinerlei Reaktion. Doch nach einem Moment des Wegschauens kehrte er mit seinen Blicken suchend zurück zu mir. Ich setzte meine Validation fort und der Bewohner verblieb mit Blickkontakt zu mir. Diese Reaktion zeigte mir, dass es immer wieder Momente in der Pflege gibt, die nach Außen für Laien nicht sichtbar sind, und was Pflege wirklich ausmacht. Der Bewohner schenkte mir für eine kurze Zeitspanne seine Aufmerksamkeit, bis seine Blicke wieder zu suchen begannen und der Kontakt abbrach.

Was ich damit sagen möchte.

Manchmal machen sich Frust und Ärger breit – der eigene Weg wird in Frage gestellt. Jedoch sind es die kleinen Momente, die das große Ganze ausmachen. Für diesen einen Augenblick habe ich etwas bewegt. Und genau das machen Sie, liebe Lernenden, jeden Tag aufs Neue. Sie bewegen etwas. Sie schenken den zu Pflegenden ihre Aufmerksamkeit, die sie dann, wenn auch mitunter kaum spürbar, wieder zurückbekommen. Solange Sie diesen Weg weiter beschreiten – da bin ich mir sicher – sind die zu Pflegenden bei Ihnen in guten Händen.

Ich lade Sie immer wieder dazu ein: Leben Sie im Moment, hoffen Sie, erschaffen Sie – so werden die Möglichkeiten unbegrenzt sein.

In diesem Sinne wünsche ich allen ein wohlverdientes und erholsames Wochenende, sofern möglich.

„Nur weil jemand stolpert und die Orientierung verliert, heißt das nicht, dass er für immer verloren ist. Manchmal brauchen wir alle ein wenig Hilfe. Die Zukunft ist noch nicht geschrieben. Wir können alles verändern.“ (X – Men, 2014) 

Nico Günther-Gottschalg, Lehrer in der Pflegeausbildung – WBS SCHULEN Magdeburg

*Naomi Feil ist eine deutschamerikanische Gerontologin und ehemalige Off-Broadway-Schauspielerin, die unter der Bezeichnung Validation eine Methode für den Umgang mit dementen oder desorientierten, alten Menschen entwickelt hat. Die Validation soll den Betroffenen eine bessere Lebensqualität bieten und den Pflegenden ihre Aufgabe erleichtern. (Quelle: Wikipedia)

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Rita  Nonnewitz

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